Gut kann ich mich noch an die Zeiten erinnern, in denen mehrmals am Tag auf die Lage von Menschenrechtsaktivisten im Ostblock hingewiesen wurde. Für manche wurden eigene Solidaritätskomitees gegründet, die entschlossen die Freilassung forderten. Häufig wurden diese Forderungen von den Politikern unterstützt. Für den in Vergessenheit geratenen in der DDR wirkenden Rudolf Bahro – er war honorary member des schwedischen und dänischen PEN-Zentrums – wurde sogar eine eigene Veranstaltung ausgerichtet: „Internationaler Kongress für und über Rudolf Bahro“. Auch über zahlreiche andere Dissidenten wie Alexander Solschenizyn, Andrei Dmitrijewitsch Sacharow und seiner zweiten Frau Jelena Georgijewna Bonner wurde regelmäßig berichtet. Das Schicksal von AutorInnen und WissenschaftlerInnen, die auf die Widersprüche zwischen Theorie und Praxis und dadurch auf den sozialen Treibsand hinwiesen, auf denen die autoritären kommunistischen Regime gegründet standen, wurde medial im größten Stil georgelt, getönt, gemahnt und erinnert. Ja, man hatte den Eindruck, dass alle, denen die unterdrückende Enge in den Ländern des „real existierenden Sozialismus“ unerträglich zu werden schien, jederzeit in den Westen herüberwechseln konnten und hier mit offenen Armen begrüßt werden würden, bekämen sie nur die Erlaubnis auszureisen. Der Ostblock ist Geschichte, doch das Verfolgen und Einsperren, das Foltern und Ermorden in vielen Staaten ist immer noch gängige Praxis. Dass JournalistInnen umgebracht werden und die Täter und ihre Helfershelfer straffrei bleiben, weil sie nicht ausgeforscht werden können, sorgt jedes Jahr einige Tage lang für Schlagzeilen. Selbst in den Nachfolgestaaten des ehemaligen Ostblocks – manche von ihnen Mitglieder des Europarates – herrschen noch übelste Sitten, was die Freiheit des Wortes betrifft. Von den arabischen Ländern erfüllt kein einziges einen menschenwürdigen Mindeststandard und in einer Vielzahl außereuropäischer Länder sind die Verhältnisse als überaus problematisch zu bezeichnen. Freilich muss man hinzufügen, dass nicht nur die Staatsapparate mit ihren politischen Eliten als Ursache der Bedrohungsszenarien zu nennen sind, sondern auch unterschiedliche Gruppen wie „Befreiungsbewegungen“, radikale religiöse Gemeinschaften, terroristische Gruppierungen etc. Schlimm ist, dass Menschen, die in ihren Ländern unter Einsatz ihres Lebens das sagen, was sie meinen, dass es gesagt werden müsste, in Österreich so gut wie keine Chance bekommen, auf Dauer eine Unterkunft zu finden, die eine Partizipation in Österreich in einer Weise ermöglicht, dass eine zweite, eine neue Heimat wenigstens denkmöglich erscheinen lässt. Für eines der reichsten Länder der Welt ist es eine Schande, dass nur in Graz und in Wien solch eine Einrichtung gegeben ist. Die Schande ist dann noch größer, wenn an jene Tausende gedacht wird, die im 20. Jahrhundert aus politischen Gründen wegmussten und an jene, die deshalb gezwungen waren, ihre Heimat zu verlassen, weil sie Juden waren. Durch die Aufnahme zahlreicher AutorInnen, KünstlerInnen und WissenschaftlerInnen in vielen Staaten der Erde, die keine unmittelbare Beziehung zu Österreich und zu anderen europäischen Staaten hatten, konnten Verfolgte überleben und nach Ende des NaziRegimes ihre Erfahrungen in dem zerstörten Europa einbringen. Das dies nicht immer zum Wohlgefallen der Hiergebliebenen geschah, sei nur beiläufig erwähnt. Zu fordern ist, dass Künstler, die in ihren Heimatländern nicht bleiben können, anständig und menschenwürdig aufgenommen und behandelt werden. Dies schließt aber auch ein, dass sie sich nach einem Aufnahmeverfahren in welchem europäischen Staat auch immer, sich das Aufenthaltsland aussuchen können. Besonders AutorInnen sind abhängig von der Sprache, in der sie schreiben, ein Wechsel der Literatursprache ist meistens ausgeschlossen. Warum Schreibende nicht in ein Land wechseln dürfen, in denen sie mit Landsleuten kommunizieren können oder in dem es Verlage und Medien gibt, in der die Mutter- bzw. die Literatursprache sinnvoll verwendet werden kann, erweist sich bei genauerer Betrachtung als eine bürokratische Schikane, die schnellstens ersatzlos beseitigt gehört. KünstlerInnen, die am Kulturleben des jeweiligen Landes partizipieren, werden zur Bereicherung. Sie helfen mit, die Kleingeistigkeit und das miefige Gestrige